Ausgabe Nr. 61 (Winter 2016-2017)

Unterwegs in Frankreich

Lothringen

Weihnachtskugeln aus Meisenthal: nicht nur Kugeln, sondern Objekte voller Sinn

An der Grenze zu Deutschland, in Lothringen, genauer gesagt im Bitscherland, liegt am Ende eines Tales in den Vogesen ein kleines Dorf. Dieses Dorf heißt Meisenthal. Vor langer Zeit, im Jahr 1704, ist dort eine Glasmanufaktur entstanden, auf die man 265 Jahre lang nicht nur in der Region, sondern in ganz Frankreich stolz war. Trotzdem musste sie 1969 schließen. Damit hätte die Geschichte enden können. Glücklicherweise gab es aber einige unbeugsame Menschen, die sich für die Glashütte begeistert und für sie gekämpft haben, sodass 1992 erneut ein Ofen in Betrieb genommen werden konnte. Gestützt auf das Know-how und die handwerkliche Tradition lebte die Fertigung von Weihnachtskugeln aus Glas wieder auf. Genaugenommen war dies die Spezialität der Glasfabrik im benachbarten Dorf Götzenbruck gewesen, der ein ähnliches Schicksal widerfahren war. Die Menschen in Meisenthal hatten ein wenig verrückte Ambitionen: Sie wollten die regionale Glasbläser- tradition zu neuem Leben erwecken und gleichzeitig neu interpretieren. Das ist ihnen gelungen. Inzwischen kommt man aus ganz Europa hierher, um solche handwerklich gefertigten Objekte zu kaufen, die mehr als « nur » Weihnachtskugeln sind.

Montbéliard

30 Jahre Lumières de Noël

1986 hat die kleine Stadt Montbéliard im Departement Doubs damit begonnen, ihre Straßen und Häuserfassaden in der Vorweihnachtszeit zu beleuchten und einen Weihnachtsmarkt zu organisieren. Dies war eine recht gewagte Herausforderung für eine Kommune, die von « Experten » in Sachen Weihnachtsstimmung – Elsass, Schweiz, Deutschland – umgeben ist ... Doch das, was ganz bescheiden begonnen hatte, zieht heute viele Menschen an, und so bereitet sich die Cité des Princes anlässlich der 30. Auflage ihrer Lumières de Noël auf rund 400.000 Besucher vor. Für viele davon ist das Ereignis mittlerweile ein fester Termin in dieser Jahreszeit geworden. Wir haben die Jubiläumsveranstaltung zum Anlass genommen, uns mit der Bürgermeisterin von Montbéliard, Marie-Noëlle Biguine, über die Erfolgsstory zu unterhalten.

Route des Grands Crus

Die Champs-Elysées von Burgund

Spricht man Namen wie Gevrey-Chambertin, Clos de Vougeot, Romanée-Conti, Pommard oder Montrachet aus, dann läuft manchen Weinfreunden sofort das Wasser im Mund zusammen, und sie fangen an zu träumen. Kein Zweifel: Burgund gehört zu den legendärsten Weingebieten der Welt. Die Route des Grands Crus ist eine gut ausgeschilderte Strecke, die südlich von Dijon beginnt und über 70 Kilometer bis nach Santenay führt. Dabei durchquert sie rund vierzig Gemeinden in den berühmten Weinbauregionen Côte de Nuits und Côte de Beaune. Auf dieser Straße ist man den prestigeträchtigen Weinbergen ganz nah und kann erkunden, wie extrem vielfältig das Terroir ist, von dem die ebenso vielfältigen Burgunderweine stammen. Bei dieser kurzen Reise lüftet sich ein klein wenig das Geheimnis einer Gegend, in der Reben ein und derselben Sorte, die in einem Abstand von nur wenigen Metern wachsen, ganz unterschiedliche Weine hervorbringen können.

Bretagne

Umfriedete Pfarrbezirke

Auch wenn wir uns wieder und wieder für die Küste der Bretagne begeistern können, sollten wir nicht vergessen, dass diese Region im Landesinneren ebenfalls mit Überraschungen aufwartet: Die Ruhe in den Dörfern und die ländliche Idylle bilden einen Kontrast zur rauen, vom Ozean zerklüfteten Küste und bieten Möglichkeiten für angenehme Ausflüge. Vor allem im Norden des Finistère, im Pays du Léon, kann man dabei kleine Dörfer mit beeindruckenden Kirchtürmen, monumentalen Pforten und reich geschmückten Fassaden entdecken. Dabei handelt es sich nicht um Kathedralen, sondern um umfriedete Pfarrbezirke. Diese regionale architektonische Besonderheit ist im 16. Jahrhundert entstanden, und man kann aus ihr zahlreiche Lehren ziehen: Versteht man die umfriedeten Pfarrbezirke, dann versteht man die bretonische Gesellschaft. 

Lyon

Die Metamorphose eines Arbeiterviertels in ein Freilichtmuseum

Mitten im 8. Arrondissement von Lyon verbirgt sich ein in Frankreich einzigartiges Museum: das Musée urbain Tony Garnier. Man besichtigt dieses « Museum unter freiem Himmel », indem man ganz einfach durch die Straßen des Viertels États-Unis schlendert, das der Lyoner Architekt und Städteplaner Tony Garnier ab 1921 erbaut hat. Auf der Grundlage seiner für die damalige Zeit revolutionären Vorstellung von einer « idealen Stadt » konzipierte er Gebäude, die eine besondere Seele haben. Ihre Bewohner haben sich dafür engagiert, diesen charakteristischen Stadtteil zu erhalten und mit anderen zu teilen. So ist dieses außergewöhnliche Museum entstanden, das mit seinen riesigen – und für Lyon typischen – Wandmalereien die Geschichte des Viertels erzählt.

Frankreich heute

Verkehr

Paris: das Tauziehen um die Umwandlung des Seine-Ufers in eine Fußgängerzone geht weiter

Seit Langem ist die Umgestaltung des Seine-Ufers in eine Flaniermeile für Fußgänger eines der wichtigsten Projekte der Pariser Linken. Der ehemalige Bürgermeister, Bertrand Delanoë (Sozialistische Partei), hatte bereits 2013 die Umwandlung des linken Seine-Ufers in eine Fußgängerzone durchgesetzt. Seine Nachfolgerin, Anne Hidalgo, setzt seit ihrer Wahl im Jahr 2014 alles daran, die begonnene Arbeit fortzusetzen und Autos auch vom rechten Flussufer zu verbannen. Angesichts der jüngsten Entscheidung der Pariser Bürgermeisterin, an diesem Vorhaben festzuhalten, obwohl die eigens zu diesem Zweck eingesetzte Untersuchungskommission kürzlich eine ablehnende Stellungnahme in dieser Angelegenheit abgegeben hat, will die Opposition im Stadtrat (vor allem die rechte Partei Les Républicains), die dem Projekt nach wie vor ablehnend gegenübersteht, nun dagegen vor Gericht ziehen. Für die Pariser Bevölkerung geht das Tauziehen also weiter.

Gastronomie

Wenn ein junger Koch einen Michelin-Stern erhält

Vor einem Jahr haben wir Ihnen das Hotel Le Château de Sable in Porspoder in der Bretagne vorgestellt (siehe Frankreich erleben Nr. 58). Im Rahmen dieser Reportage hatten wir uns auch mit dem Küchenchef des Restaurants, Julien Marseault, unterhalten. Der Dreißigjährige stammt aus Brest und beeindruckte uns mit seiner modernen und ambitionierten Vorstellung von der französischen Gastronomie. Er geht in seiner Küche neue Wege, bietet originelle und doch erschwingliche Gerichte und hoffte damals darauf, für das Restaurant bald einen Stern vom Guide Michelin zu erhalten. Dieser Wunsch ist zwischenzeitlich in Erfüllung gegangen. Daher wollten wir nun von ihm wissen, was diese Auszeichnung für ihn bedeutet und wie sein neues Leben als « Sternekoch » verläuft.

Art de vivre

Chantals Rezept

Sole meunière

"Vielleicht haben Sie bereits bemerkt, dass die Seezunge Müllerin ein Gericht ist, das man sehr häufig auf den Speisekarten französischer Restaurants findet. Paradoxerweise ist dies eines der einfachsten Rezepte, das es gibt, sofern man bestimmte Tipps kennt, die ich Ihnen in meinem Rezept verrate. Ich selbst bereite den Fisch seit Jahren so zu. Bon appétit!".

Wein

Was ist auf ihm geworden ?

Der elsässische Winzer Jean-Paul Schmitt ist seinen Reben näher denn je

Seit 1993 bewirtschaftet Jean-Paul Schmitt das familiäre Weingut im elsässischen Scherwiller. Vor mehr als neun Jahren haben wir uns mit ihm unterhalten. Sein Portrait konnten Sie in der Ausgabe Nr. 10 von Frankreich erleben (Juli/August 2007) lesen. Darin haben Sie mehr über einen Menschen erfahren, der sich für seinen Beruf begeistert. Er gehört zu den wenigen Winzern, die damals bereits den Standpunkt vertraten, es sei wichtig, auf die Reben zu hören und sie zu respektieren. Anstatt immer mehr vereinheitlichte Weine zu produzieren, solle man es wagen, Weine mit einer eigenen Persönlichkeit herzustellen. Was ist aus diesem Mann geworden, den einige seiner Kollegen gerne als einen « naiven Träumer » eingestuft hätten? Dieser Frage wollten wir auf den Grund gehen und haben ihn deshalb vor Kurzem besucht.

 

Kultur

 1977-2017: Centre Pompidou, 40 Jahre und immer noch überraschend 

Am 31. Januar 1977 öffnete in Paris ein Kulturzentrum eines ganz neuen Genres zum ersten Mal seine Türen: das Centre Pompidou. Vor allem seine wagemutige Architektur – noch dazu im Herzen von Paris – rief, kaum war es fertiggestellt, Kommentare der Empörung hervor. Doch die Zeit ging ins Land – 40 Jahre sind es mittlerweile –, und dieses Gebäude, das heute eine der bedeutendsten Sammlungen moderner Kunst auf der ganzen Welt beherbergt, hat in dieser Zeit mehr als 100 Millionen Besucher provoziert, überrascht, in seinen Bann gezogen und oft auch berührt. Ein schöner Erfolg! Um diesen Geburtstag gebührend zu feiern, haben die Verantwortlichen des Centre Pompidou ambitionierte Pläne: In einer Zeit, in der Teilen hoch im Kurs steht, teilt es die Werke seiner Sammlung mit 40 Städten in ganz Frankreich, um dort im Verlauf des Jahres 2017 insgesamt 50 Ausstellungen und Veranstaltungen durchzuführen. Durch Frankreich wird also ein frischer kultureller Wind wehen. 

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Der gelbe Briefkasten der Post

Der Briefkasten ist eine öffentliche Einrichtung, die es überall auf der Welt gibt. In Frankreich ist er gelb. Eine gewagte Farbe in einem Land, das sein Kulturerbe immer und überall durch verschiedenste Vorschriften schützen will.